Filmförderung in Deutschland „fördert“ am Wesen des Films vorbei
Eine aktuelle Studie des Bundeswirtschaftsministeriums feiert sich und die umsatzstarke und angeblich so erfolgreiche Filmwirtschaft in Deutschland. Die massiven Probleme der deutschen Film- und Fernsehwirtschaft verschweigt sie allerdings. Das ist nicht neu.
Schon seit Jahrzehnten verschließen deutsche Medien und Medienpolitiker Augen und Ohren vor den prekären Arbeitsbedingungen in der deutschen Filmwirtschaft genauso, wie vor der mehrheitlich nationalen und internationalen Bedeutungslosigkeit der in Deutschland mit Fördermitteln produzierten Kino- und Fernsehfilme. Dabei hängt beides ursächlich zusammen und ist die direkte Folge einer völlig am Wesen vorbeiführenden „Förderpolitik“ und damit von den deutschen Medienpolitikern und den Medienförderanstalten selbst verursacht.
Etwas genauer: Jährlich werden in Deutschland über 200 Spielfilme, Kino- und Fernsehfilme produziert. Überwiegend finanziert aus Töpfen der zahlreichen deutschen Medienförderanstalten. Von diesen über zweihundert Filmen dringen jährlich nicht einmal ein Dutzend in das öffentliche Bewusstsein. Oft sorgt sogar nur ein einziger „Förderfilm“ im Jahr für Schlagzeilen.
Wenn aber insbesondere Kinofilme in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden, liegt das meist daran, dass sie nicht besonders gut gelungen sind. Die Folge: sie bringen im Kino keinen Umsatz. Denn der Zuschauer hat ein feines Gespür dafür, für welchen Film es sich lohnt ins Kino zu gehen und für welchen nicht. Und das trifft leider für die absolute Mehrheit aller über die deutschen Medienförderungen finanzierten Kinofilme zu. Und das nicht nur im letzten Jahr, sondern schon sehr, sehr lange.
Seit Jahrzehnten erwirtschaften rund 95 – 98 % aller jährlich produzierten deutschen Förderfilme nicht einmal die eigenen Produktionskosten. Weil sie es einfach nicht schaffen viele Kinosäle gut zu füllen. Ein fataler Zustand mit weitreichenden wirtschaftlichen Konsequenzen für Tausende Filmschaffende. Sie springen wie Tagelöhner von Projekt zu Projekt und haben am Jahresende oftmals so wenig Geld in der Tasche, dass sich etliche von ihnen keine Krankenkasse und sehr viele nicht einmal eine Rentenversicherung leisten können.
Angemessene Honorierung, Gewinnbeteiligungen oder Wiederholungshonorare, die diese prekären Verhältnisse lindern könnten, schließen sich bei massenhaft künstlerisch sowie wirtschaftlich desaströsen Filmprojekten nun einmal leider von selbst aus.
Die überwiegende Mehrzahl deutscher Förderfilm- und Fernsehproduzenten bezeichnet sich deshalb mittlerweile selbst als erfolgreich, wenn sie es schaffen nach der Jahresabrechnung eine „schwarze Null“ zu schreiben.
Wie konnte es dazu kommen?
Kern des Problems ist das filmwirtschaftlich destruktive Wesen des deutschen Fördersystems. So entscheiden zum Beispiel in den einzelnen Medienfördereinrichtungen fast ausschließlich aus Fachfremden besetzte Entscheidungsgremien über die Vergabe der Fördermittel. Diesen Gremien mangelt es auf weiten Strecken einerseits vielfach an filmkünstlerischem sowie filmwirtschaftlichem Sachverstand, andererseits verfolgen diese Gremien ganz andere Interessen, als die Filmwirtschaft.
Den Vergabegremien geht es hauptsächlich darum, dass die von ihnen bewilligten Steuergelder ausschließlich im sie betreffenden, regionalen Film-Dienstleistungssektor ausgegeben werden. Weil man ernsthaft glaubt, über diesen Weg die Filmwirtschaft zu stärken und zu entwickeln. Während es der Filmwirtschaft im Gegensatz dazu darum geht, emotional fesselnde, künstlerisch wertvolle Filme zu produzieren, die ein großes Publikum erreichen, am Ende Gewinn erwirtschaften, und das alles auf der dafür zwingend erforderlichen Basis freier, unternehmerischer Entscheidung welches Filmprojekt man wie, mit wem und wo produziert.
Aber diese eigentlich völlig selbstverständliche unternehmerische Freiheit ist einem Förderfilmproduzenten in Deutschland durch das derzeitige Fördersystem nicht gegeben. Die elementar wichtigste Grundentscheidung, nämlich die, welches Projekt eigentlich finanziert werden soll, liegt im Grunde nicht bei ihm sondern bei den überwiegend fachfremd besetzten Fördergremien. Denn wenn der Filmproduzent bei ihnen ein Projekt einreicht, dass dem Entscheidungsgremium nicht „gefällt“, wird es ohne Begründung abgelehnt, darf nicht überarbeitet und wieder vorgeschlagen werden. Um dies zu vermeiden und um regelmäßig an Fördergeld zu kommen, hat sich deshalb über die Jahre in der Filmwirtschaft eine Mentalität entwickelt, ausschließlich Stoffe einzureichen, die den Fördergremien „gefallen“ könnten. Der Zuschauer als Verwertungszielgruppe oder anders gesagt der Markt, bleibt bei dieser Art von Fördersystem immer weiter außen vor. Die Folge sind überwiegend leere Stuhlreihen im Kino und nach dem, durch die Förderung finanzierten Produktionsprozess, leere Kassen beim Filmproduzenten.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Filmproduzent nach Zuteilung von Fördermitteln nicht völlig frei darüber entscheiden kann, welche Mittel er wofür einsetzt. Denn das regeln die starren Förderrichtlinien. Diese legen, allgemein formuliert, ebenfalls fest, wo und mit wem er produzieren muss, um an die Fördertöpfe zu gelangen.
Dass unter diesem fachfernen Reglement am Ende doch noch der ein oder andere Förderfilm erfolgreich ist, dann eher ausschließlich dank zufälliger, glücklichster Umstände, trotz des geltenden Fördersystems, als aufgrund der Förderung durch dieses im Grunde Filmwirtschaft feindliche System.
Dass diese Art von „Förderung“ völlig am Wesen vorbeiführt und am Ende einen ganzen Wirtschaftszweig zur ewigen, künstlerisch, wie wirtschaftlichen Erfolglosigkeit verdammt, wurde im Laufe der Jahre mehrfach von namhaften Regisseuren und Filmproduzenten öffentlich angesprochen. Dies fand aber bis heute keinen echten Widerhall in den Medien oder gar in der Politik.